„Wir brauchen politische Entschlossenheit und ein faires Miteinander“
Die Diakonie Nord Nord Ost diskutierte bei ihrem Jahresempfang in Lübeck mit Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik.
„Wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderfallen“ – unter diesem Motto fand am Donnerstag, 3. Juli 2025, der Jahresempfang der Diakonie Nord Nord Ost im Übergangshaus in Lübeck statt. „Wir greifen mit diesem Thema eine Entwicklung auf, die uns und anderen sozialen Trägern zunehmend Sorge macht“, so Fred Mente, Geschäftsführer der Diakonie Nord Nord Ost. „Die in den letzten Jahren fachlich und politisch gesetzten Standards passen schlicht nicht mehr zur finanzpolitischen Situation. Soziale Arbeit gerät wirtschaftlich und personell an ihre Grenzen. Dies auch infolge des überbordenden Bürokratieaufwands und der immensen Komplexität. Wir brauchen dringend politische Entschlossenheit und ein faires Miteinander, um hierfür Lösungen zu finden.“
Entsprechend hatte die Diakonie Nord Nord Ost Politiker*innen aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik eingeladen, um in den direkten Austausch zu gehen. Mit dabei waren die schleswig-holsteinische Finanzministerin Dr. Silke Schneider, der Bundestagsabgeordnete und neue Generalsekretär der SPD Tim Klüssendorf, die Landtagsabgeordnete Anette Röttger sowie der Lübecker Bürgermeister Jan Lindenau.
In der Diskussion beschrieb ihnen Johanne Hannemann, Geschäftsführerin der Diakonie Nord Nord Ost, konkrete Herausforderungen: „Wir erleben beispielsweise, dass Bürokratie und Regularien einen immer größeren und teureren Verwaltungsaufwand erzeugen – der gleichzeitig nicht finanziell aufgefangen wird. Außerdem werden Verhandlungen und Abläufe enorm in die Länge gezogen.“ Das beträfe auch ganz konkret die Menschen, die auf Unterstützungsleistungen angewiesen sind.
„Gefährlich ist dann, dass Teile der Gesellschaft das Vertrauen in unser staatliches System verlieren und es für dysfunktional halten“, so Hannemann. „Sie wenden sich dann vermeintlich einfachen Lösungsmustern zu, die ihnen populistische und demokratiefeindliche Parteien bieten. Wir brauchen also schnelle und praktikable Ideen der Politik.“
Jan Lindenau unterstützte sofort diesen Anspruch: „Wir brauchen einen Mutausbruch – über alle Ebenen hinweg. Entbürokratisierung können wir alle anpacken und zeigen, dass der Staat handlungsfähig ist. Wichtig ist, dass wir uns dafür gemeinsam an einen Tisch setzen.“
Anette Röttger gab zu bedenken, dass jede und jeder Einzelne gefragt sei, mitzumachen und sich zu beteiligen: „Diese Haltung, dass der Staat sich um alles kümmert, können wir nicht beibehalten.“
Tim Klüssendorf äußerte: „Auf Bundesebene sind Entscheidungen getroffen worden, bei denen nicht beachtet wurde, welche Auswirkungen das für Länder und Kommunen hat. Wir müssen uns jetzt trauen, die Zukunft unseres Sozialstaats und Gesundheitssystems in Angriff zu nehmen und echte Reformen anzustoßen.“
„Es macht Mut, dass sich alle einig sind, dass etwas passieren muss und dabei Zusammenarbeit und Zusammenhalt wichtig sind“, fasste Johanne Hannemann die Diskussion zusammen. „Nur so können wir Lösungen finden, die in der sozialen Arbeit auch umsetzbar sind und uns möglich machen, unseren Auftrag zu erfüllen. Es muss aber sofort losgehen, die Zeit drängt.“
Zusatzinformation
Die Diakonie Nord Nord Ost steht mit über 3.500 Mitarbeitenden an mehr als 100 Standorten in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Menschen zur Seite, die Hilfe und Unterstützung suchen. Dazu gehören vor allem ambulante Hilfen, Wohnangebote sowie Arbeits- und Beschäftigungsangebote für Menschen mit Behinderungen. Außerdem ist die Diakonie Nord Nord Ost Trägerin von Kinder- und Jugendhilfeangeboten, Beratungsstellen, Wohnungslosenhilfe, ambulante sowie stationärer Seniorenpflege und einer Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
